Mit dem heutigen Beitrag starten wir unsere neue Artikelserie zum Thema Stick-Technik. Den Anfang macht das Punchen. Keine Angst – beim Punchen kommt natürlich keiner zu Schaden, zumindest nicht in Zusammenhang mit der Sticktechnik. Und mit dem Punch bzw. Schlag beim Boxen hat das Ganze auch nichts zu tun. Das Wort Punchen bezeichnet nämlich die Digitalisierung von Stickdateien. Warum dieser Arbeitsschritt so genannt wird und was genau beim Punchen passiert, zeigen wir Ihnen im folgenden Beitrag.
Herkunft des Begriffs Punchen
Mit dem Beginn der Maschinenstickerei Mitte des 19. Jahrhunderts musste der Maschinenbediener noch einen Hebel betätigen, um den Stickrahmen zum richtigen Moment zur Nadelposition zu bewegen. Dadurch entstand schließlich das Stickmuster.
Anfang des 20. Jahrhunderts wurden erstmals Lochkartenautomaten für Stickmaschinen eingesetzt. Diese Karten wurden per Hand angefertigt, indem sie gelocht bzw. eingeschlagen wurden. Daher stammt auch der Begriff „Punchen“ – englisch für „Einschlagen“. Mit den Lochkarten konnten auch aufwendige Muster erstellt und schnell umgesetzt werden.
Die ersten richtigen Punchdateien stammen aus den 80er Jahren. Sie waren zuerst nur einfarbig, dann mehrfarbig und wurden im Laufe der Zeit immer komplexer. Heutzutage ist das Besticken, zumindest das Besticken in großem Maßstab mit Industriestickmaschinen (z.B. für Unternehmenskleidung im Corporate Design), ohne das Punchen nicht mehr denkbar.
Was passiert beim Punchen?
Wie eingangs schon erwähnt ist Punchen die Digitalisierung einer Stickvorlage, z.B. eines Logos oder eines Schriftzugs. Genaugenommen ist der Puncher aber kein moderner, digitaler Beruf, sondern er greift vielmehr traditionelle Sticktechniken auf und hebt sie auf ein modernes, maschinenlesbares Level. Es handelt sich nicht einfach um ein Umwandeln von einer Datei in eine andere Datei, sondern um einen sehr kreativen Beruf, der ein hohes Maß an Geschick, Feingefühl, Geduld und Erfahrung erfordert.
Puncher erhalten als Vorlage meist eine Vektordatei. Professionelle, erfahrene Puncher sind aber auch in der Lage, aus Formaten mit wesentlich weniger detaillierten Informationen eine hochwertige Stickdatei zu erzeugen, z.B. aus einem jpg-Bild oder einer handgefertigten Zeichnung.
Mit der Stickdatei legen Puncher folgende Informationen für die Stickmaschine fest:
- Lage jedes einzelnen Stichs innerhalb eines Motivs
- Stichdichte
- Stichart
- Stichlänge
- Stichrichtung
- Stichreihenfolge
- Farben
- Garne/Garnwechsel
- bestickter Stoff
Die eigentliche Kunst des Punchens besteht also darin, der Stickmaschine zu diesen Merkmalen die richtigen Befehle zu liefern, sodass ein perfektes Stickbild entsteht. Dabei gibt es nicht die eine, korrekte Art der Übertragung von der Vorlage zur Stickdatei. Vielmehr ist es jeweils eine Interpretation, um das Motiv bestmöglich wiederzugeben.
Die Stickdatei ist keine grafische Darstellung (wie z.B. Vektorgrafiken), sondern sie liefert Stichkoordinaten. Und dafür ist wiederum eine spezielle Software erforderlich, z.B. Wings, Wilcom, ZSK oder Pulse. Ist die Datei einmal erstellt, kann sie für Folgeaufträge natürlich immer wieder verwendet werden.
Qualität der Stickdatei bestimmt die Qualität des Stickergebnisses
Das Punchen ist in jedem Fall der schwierigste Teil einer Stickerei, denn hier wird entschieden, wie das Stickergebnis letztlich aussieht. Einige Beispiele:
Richtige Stichdichte: Sie ist wichtig, um die perfekte Deckkraft des Stickgrunds zu erzielen. Ist die Stichdichte zu niedrig, ist der Stoff zu sehen. Andererseits kann eine zu hohe Stichdichte zu Fadenbrüchen führen.
Richtige Stichlänge: Sind die Stiche zu kurz, können Fadenbrüche oder Schlaufen entstehen. Bei zu langen Stichen wird das Stickbild beim Waschen und auch beim Tragen sehr leicht beschädigt.
Scharfe Konturen: Das erreichen Puncher durch die richtige Integration von Unterlegerstichen.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Je komplexer die Vorlage ist, desto aufwendiger ist folglich auch die Erstellung der Stickdatei und desto mehr Erfahrung und Können wird vom Puncher verlangt.