Einführung in die Heraldik Teil 2: Der Aufbau eines Wappens

Bestandteile eines Wappens

Wappen und wappenähnliche Bilder sind allgegenwärtig. Städtische Wappen zieren amtliche Dokumente der Stadtverwaltungen, Reisepässe, öffentliche Verkehrsmittel oder auch die Portale alter Rathäuser. Auch Personenwappen und Familienwappen begegnen uns nahezu tagtäglich auf vielen verschiedenen Gegenständen (z. B. Möbeln, Bestecke, Teller, Fußböden und Etiketten von Weinflaschen) oder auch auf alten Bauwerken wie Residenzen und Burgen.

Nachdem wir im ersten Teil der Reihe „Einführung in die Heraldik“ die unterschiedlichen Wappenarten näher vorgestellt haben, gehen wir im folgenden Beitrag auf den Aufbau eines Wappens ein und damit die wichtigsten Wappen Bestandteile.

Obligatorische Elemente eines Familienwappens

Das Schild bildet den wichtigsten Wappenbestandteil. Dem Wappenschild hinzugefügt werden:

  • Oberwappen aus Helm, Helmzier und Helmdecke
  • Rangkronen/Rangzeichen
  • Prunkstücke, z.B. Schildhalter inkl. Standfläche, Devise, Wappenmantel, Wappenzelt

Enthält ein Wappen all diese Bestandteile, wird es auch als Vollwappen bezeichnet.

Das Wappenschild

Der Wappenschild mit der Schildfigur ist der wichtigste Bestandteil des Wappens und darf bei der Darstellung eines Wappens niemals fehlen. Nur der Schildinhalt, also das in dem Wappenschild dargestellte Bild, kann als Wappen bezeichnet werden.

Im Laufe der Geschichte hat sich die Darstellungsform des Wappenschildes mehrmals geändert. Angepasst an den jeweiligen Zeitgeschmack wechselte die äußere Gestalt des Schildes von dem mandelförmigen Schild (auch als Normannenschild bezeichnet) über eine Dreiecksform in ein tartschenförmiges Schild.

Die Schildform ist aber nicht nur zeitabhängig, sondern auch landesabhängig. So gibt es je nach Land auch ovale, herzförmige, runde und mit Speerruhe gestaltete Schilder. In Deutschland sind heutzutage vor allem halbkreisförmige Schilder üblich, die dem Buchstaben U ähneln.

Heroldsbilder und gemeine Figuren

In Wappenschildern gibt es zudem oft Heroldsbilder. Heroldsbilder sind geometrischen Formen, die den Schild in mehrerer Felder unterteilen und existieren in zahlreichen Kombinationen.

Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Schilds sind gemeine Figuren. Unter gemeinen Figuren sind belebte oder unbelebte Bildobjekte zu verstehen. Hierbei gibt es keine Einschränkungen, es sind quasi alle Motive erlaubt. Allerdings geben die heraldischen Regeln vor, dass die gemeinen Figuren so weit wie möglich stilisiert dargestellt werden und den Schild soweit wie möglich ausfüllen.

verschiedene Wappen
Heraldische Wappen mit unterschiedlichen Helmformen und Schildformen

Der Wappenhelm

Ein weiterer wichtiger Bestandteil beim Aufbau von Wappen ist der Wappenhelm, der auf dem oberen Schildrand sitzt. Ebenso wie der Schild wandelte sich auch die Form des Wappenhelms mit der Mode und der Rüstungstechnik.

Zu den ältesten Helmen gehören der Topfhelm und der Kübelhelm aus dem 12. Jahrhundert, welche später durch den Bügelhelm abgelöst wurden. Ab dem 15. Jahrhundert befindet sich auf den Wappen von adeligen Familien vor allem der Spangenhelm, während bei bürgerlichen Wappen meistens sogenannte Stechhelme verwendet wurden.

Durch die Verwendung von unterschiedlichen Helmformen sollte auf den ersten Blick der Unterschied zwischen bürgerlichen Familienwappen und adeligen Wappen erkennbar sein. Einige Familienwappen haben auf dem Wappenhelm noch eine Krone oder Wulst.

Die Helmdecke

Die Helmdecke ist meist besonders ausladend und dekorativ gestaltet. An ihr konnten die Wappenmaler ihre Kunstfertigkeit beweisen, ohne die heraldischen Regeln zu verletzen. Typische Gestaltungsmerkmale sind Bänder oder Blattwerk. Grundsätzlich entspricht die Gestaltung der Helmdecke stets der Art des Helmes. Eine einfache Helmdecke gehört zum Beispiel auf den Topfhelm, während die heutigen reich verzierten Helmdecken mit den moderneren Bügelhelmen kombiniert werden.

Die Helmzier

Die Helmzier wird auch als Helmfigur oder Helmkleinod bezeichnet. Sie ist unmittelbar mit dem Wappenhelm verbunden und zeigt immer in die gleiche Richtung wie der Helm. Das heißt, wenn der Helm von vorne gesehen werden soll, so muss auch die Helmzier vorwärts gerichtet sein.

In der Helmzier von Familienwappen wiederholt sich in den meisten Fällen die Schildfigur, welche oftmals noch um weitere Elemente wie zum Beispiel Geweihe, Büffelhörner oder Flügel erweitert wird. Diese Helmzier bildet zusammen mit dem Helm, der Helmdecke und der Krone oder Wulst das Oberwappen.

Fakultative Wappenbestandteile

Neben diesen obligatorischen Bestandteilen von Familienwappen existieren auch noch fakultative Bestandteile, welche zur Gestaltung von Wappen verwendet werden können.

Dazu gehören:

Rangkronen und Rangzeichen

Bei den Rangkronen sind weltliche und kirchliche Rangkronen zu unterscheiden. Beide gehören zum Oberwappen. Weltliche Rangkronen kamen im 16. Jahrhundert auf, ersetzten die Helme und richteten sich nach der Rangordnung der europäischen Reiche. Die kirchlichen Rangkronen – Darstellung als Mitra oder Tiara – gab es bereits im Mittelalter, wobei im Laufe der Zeit auch beides nebeneinander im Wappen auftauchte: Rangkrone + Helm.

Prunkstücke

Die Prunkstücke wurden dem Wappenschild hinzugefügt. Sie sind in erster Linie dekorative Wappen Bestandteile und unterliegen daher keinen strengen heraldischen Regeln. Meist sollen sie das Wappen zusätzlich individualisieren.

Möglich sind bei den Prunkstücken folgende Varianten:

  • Schildhalter: z.B. als Tiere, Menschen oder Pflanzen
  • Wappenmäntel: auch als Wappenzelt bezeichnet, sie bilden den Wappenhintergrund und kommen meist nur bei königlichen, fürstlichen oder adligen Wappen vor
  • Amts- und Würdezeichen: zeigen Amt/Rang/Titel des Wappenhalters, z.B. mit Stäben, Schlüsseln oder Zeptern
  • Sprüche: in der Heraldik als Devise oder Feldgeschrei bezeichnet – befinden sich meist auf einem gewundenen oder gefalteten Spruchband unter dem Wappenschild

 

Exkurs: Blasonierung vs. Aufriss

Die Darstellung eines Wappens mit den oben beschriebenen obligatorischen und fakultativen Wappenbestandteilen wird als Aufriss bezeichnet. Demgegenüber steht die sogenannte Blasonierung:

Die Blasonierung bezieht sich auf die formale Beschreibung des Wappens. Sie beschreibt präzise Farben, Formen und Symbole eines Wappens sowie deren Anordnung und besondere Merkmale. Diese Beschreibung folgt traditionellen Regeln und einer spezifischen Terminologie, die es ermöglicht, ein Wappen allein aus seiner Beschreibung heraus zu rekonstruieren. Die Blasonierung dient somit als eine Art „Gebrauchsanweisung“ für die korrekte Darstellung eines Wappens.

Aus der Blasonierung können sich demnach je nach Künstler, der die Umsetzung im Aufriss übernimmt, unterschiedliche grafische Darstellungen ergeben.

 

 

Bildquelle:

© stux / Pixabay
© Gennady Poddubny / Fotolia.com

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